Sonntag, Februar 11, 2007

Passend zu einem verregneten Sonntagnachmittag...







Und wir gingen ins Musikzimmer der Schloßfrau, das hatte sie uns erlaubt, und ich setzte mich an das kleine Klavier und ließ fromme Gesänge ertönen. Ich spielte hauptsächlich auf den schwarzen Tasten; man kann sich besser daran festhalten.

Ich spielte:

Manchmal denke ich an dich,
das bekommt mich aber nich...
denn am nächsten Tag bin ich so müde --

und:

Wenn die Igel in der Abendstunde
still nach ihren Mäusen gehn,
hing auch ich an deinem Munde --

und dann sangen wir alte Volkslieder und dann amerikanische Lieder, und dann sangen wir ein Reiterlied, das wir selber gedichtet hatten, und das ganz und gar blödsinnig war, von der ersten bis zur letzten Zeile, und dann war das Abendessen fertig. Wir hatten eine Flasche Whisky aufgetrieben. Das war nicht einfach gewesen, denn wir hatten kein »Motbok«, nicht dieses kleine Buch, das die Schweden zum Bezug von Schnaps berechtigt. Aber die Flasche hatten wir. Und gar so teuer war sie auch nicht gewesen. Braun und Blond -- black and white... ihr sollt leben...!

Wir saßen vor dem Haus an einem Holztischchen und sahen zum Schloß hinüber. Ab und zu tranken wir einen Schluck.

Zehn schlug es von dem alten Kirchturm -- zehn Uhr. Die Luft stand still; die Bäume rührten kein Blatt -- alles ruhte. Helle Nächte. Es war eine starre Ruhe, wie wenn sich etwas staute und die Natur den Atem anhielte. Hell? Es war nicht hell. Es war nur nicht dunkel. Die Äste drohten so schwärzlich, sie warteten. Wie wenn man allem die Haut abgerissen hätte: schamlos, ohne Dunkel, stand es herum, der Schwärze beraubt. Man hätte das schwarze Kleid der Nacht herbeizaubern und alles zudecken mögen, damit nichts mehr sichtbar wäre. Das Schloß hatte sein brennendes Rot eingebüßt und sah fahlbraun aus, dann düster. Der Himmel war grau. Es war Nacht, ohne Nacht zu sein.

Es war so still, daß man die Kohlensäure in den Gläsern singen hörte. Bräunlich standen sie da, ganz leise setzte sich der Alkohol ins Blut. Whisky macht sorgenfrei. Ich kann mir schon denken, daß sich damit einer zu Grunde richtet.

Weit in der Ferne läutete eine Glocke, wie aus dem Schlaf geschreckt, dann war alles wieder still. Weißgrau lag unser Haus; alle Lichter waren dort erloschen. Die Stille wölbte sich über uns wie eine unendliche Kugel.

In diesem Augenblick war jeder ganz allein, sie saß auf ihrem Frauenstern, und ich auf einem Männerplaneten. Nicht feindselig... aber weit, weit voneinander fort.

Mir stiegen aus dem braunen Whisky drei, vier rote Gedanken durchs Blut... unanständige, rohe, gemeine. Das kam, huschte vorbei, dann war es wieder fort. Mit dem Verstand zeichnete ich nach, was das Gefühl vorgemalt hatte. Du altes Schwein, sagte ich zu mir. Da hast du nun diese wundervolle Frau... du bist ein altes Schwein. Kein Haus ohne Keller, sagte das Schwein. Mach dir doch nichts vor! Du sollst das nicht, sagte ich zu dem Schwein. Du hast mir schon so viel Kummer und Elend gemacht, so viel böse Stunden... von der Angst, daß ich mir etwas geholt hätte, ganz zu schweigen. Laß doch diese unterirdischen Abenteuer! So schön ist das gar nicht -- das bildest du dir nur ein! Höhö, grunzte das Schwein, das ist also nicht schön. Stell dir mal vor... Still! sagte ich, still! Ich will nicht. Oui, oui, sagte das Schwein und wühlte schadenfroh; stell dir vor, du hättest jetzt... Ich schlug es tot. Für dieses Mal schlug ich es tot -- sagen wir: ich schloß den Koben ab. Ich hörte es noch zornig rummeln... dann sangen wieder die Gläser, ganz, ganz leise, wie wenn eine Mücke summte. »Daddy«, sagte die Prinzessin, »kann man hier eigentlich das blaue Kostüm tragen, das ich mitgenommen habe?«

Ich war wieder bei ihr; wir saßen wieder auf demselben Trabanten und rollten gemeinsam durch das Weltall. »Ja...«, sagte ich. »Das kannst du.« - »Paßt es?« - »Natürlich. Es ist doch diskret und leise in der Farbe, das paßt schön.« -- »Du sollst nicht soviel rauchen«, sagte ihre tiefe Stimme; »dann wird dir wieder übel, und wer hat's nachher? Ich. Tu mal die Pfeife weg.«

21 Comments:

Blogger Jeanne said...

schon ein bißchen trübsinnig, ich geb's ja zu...

So. Feb. 11, 04:09:00 PM  
Blogger Andrea said...

Your blog your choice

Mo. Feb. 12, 08:39:00 PM  
Blogger Betty said...

@Jeanne: Auch wenn getreu dem Motto "bonjour tristesse" - schön, mal wieder von dir zu lesen... ;-)

Kein unbekanntes Gefühl, so gehts weiter:
...alle fenster mit gardinen
ich geh alleine durch dich stadt
ich frag mich ob mich jemand kennt
und meine telefonnummer hat...

Mo. Feb. 12, 10:51:00 PM  
Blogger Lionscate said...

....Komm doch mal vorbei mit Kuchen, später gehn wir in den Zoo.
Und dann lassen wir uns suchen, übers Radio.....

....Warum immer alle fernsehen... Das macht dock dick!
Ich stell mir ich bin ein Fuchs in einem Zeichentrick.....

Das ist ein sehr schönes Lied. :o)

Di. Feb. 13, 12:01:00 AM  
Blogger Andrea said...

Komm häufiger, sonst bleib´ ich auchg weg

Do. Feb. 15, 12:11:00 AM  
Blogger Jeanne said...

Werd' mir Mühe geben...

Do. Feb. 15, 12:16:00 PM  
Blogger Lionscate said...

Buon giorno tristessa
Buenos dias tristeza
Bom dia tristeza...
:o)
(Nur so.)

Do. Feb. 15, 06:43:00 PM  
Blogger Jeanne said...

@lionscate: lag sicher an der Uhrzeit

Sa. Feb. 17, 09:01:00 PM  
Blogger Andrea said...

Puh, man kann wieder auf die Strasse - wurde ja auch Zeit

Di. Feb. 20, 06:52:00 PM  
Blogger Jeanne said...

War es soo schlimm? ;-)
Hier hat man davon zum Glück überhaupt nichts gemerkt....ich glaub' , Kölle ist ja ganz schön, aber wenn ich dort wohnen würde, müßte ich jedes Jahr um die Zeit "kurzzeitauswandern"...:-))

Di. Feb. 20, 10:03:00 PM  
Blogger Andrea said...

Stimmt - auswandern oder verstecken. Ich musste mich dieses Jahr verstecken, da ich keinen Urlaub nehmen konnte.

Mi. Feb. 21, 12:31:00 PM  
Blogger Jeanne said...

Du hast mein herzliches Beilei - nach träglich ;-)

Mi. Feb. 21, 09:04:00 PM  
Blogger Betty said...

@Jeanne: Hey, bald gibt es was zu lachen!!! :-)

Fr. Feb. 23, 02:42:00 PM  
Blogger Jeanne said...

Ja super, freue mich auch schon, wenn nur die zeitverschiebung nicht wäre...

Sa. Feb. 24, 08:56:00 AM  
Blogger Betty said...

@Jeanne: Ach was, heute Nacht wird durchgemacht! :-)) Viel Spaaaaß!!!

So. Feb. 25, 05:56:00 PM  
Blogger Jeanne said...

Klar, den werden wir haben....und Augenringe morgen bei der Arbeit...aber egal

So. Feb. 25, 08:52:00 PM  
Blogger Betty said...

Dankenswerterweise hatte ich am Montag frei.... Aber trotzdem nur 2 Stunden geschlafen, weil der kleine Sohn von Freunden um 8:15 Uhr der Meinung war, wir sollten aufstehen und spielen... ;-)

Mi. Feb. 28, 09:59:00 AM  
Blogger Andrea said...

@jeanne
Was machen die Augenringe?

So. März 04, 09:09:00 PM  
Blogger Jeanne said...

Danke der Nachfrage, geht schon wieder...ich habe nicht die ganze Nacht durchgehalten, obwohl ich gern gewollt hätte

Di. März 06, 05:39:00 PM  
Blogger Lionscate said...

Ich hab durchgehalten. Es war toll! Ich glaube wenn Ellen bei uns auf dem Sofa sitzt, ist sie auch nicht anders. Sie hat es suuupersouverän gemacht. Respekt!

Di. März 06, 10:06:00 PM  
Blogger Andrea said...

@jeanne
Bei Dir alles ok?

Fr. Apr. 13, 10:19:00 AM  

Kommentar veröffentlichen

<< Home