Montag, April 28, 2008



Wenn Synästhetiker eigentlich schwarze Buchstaben oder Zahlen farbig wahrnehmen, sehen sie wirklich und wahrhaftig Farben. Es handelt sich bei dem Phänomen der Synästhesie also keineswegs um bloße Assoziationen oder gar Einbildung. Das haben amerikanische Forscher anhand von Verhaltenstests und Hirnscans festgestellt. Ihre Ergebnisse stützen die Hypothese, dass bei Synästhetikern Querverschaltungen zwischen benachbarten Hirnarealen bestehen bleiben, die bei den meisten Menschen im Laufe der Hirnentwicklung getrennt werden.

Die Neurobiologen untersuchten sechs Freiwillige mit einer so genannten Graphem-Farb-Synästhesie. Bei dieser Form der Synästhesie sehen die Betroffenen einzelne Buchstaben und Zahlen stets in einer bestimmten Farbe – etwa die Zahl 2 in Rot oder den Buchstaben U in blau. Edward Hubbard von der University of California in San Diego und seine Kollegen führten erstmals bei den gleichen Personen sowohl Verhaltensexperimente als auch neurologische Messungen mittels eines bildgebenden Verfahrens durch.

In einem reinen Verhaltensexperiment präsentierten sie den Probanden zunächst ein aus vielen einzelnen Zahlen bestehendes schwarz-weißes Muster wie zum Beispiel ein Dreieck oder ein Quadrat. Diese Figur war jeweils aus zwei verschiedenen Ziffern aufgebaut – beispielsweise bildeten Zweien in einem Feld voller Fünfen ein Dreieck. Die Synästhetiker konnten die Figuren besser und schneller erkennen als nicht synästhetisch veranlagte Kontrollpersonen.

Die synästhetische Farbwahrnehmung half ihnen bei der Unterscheidung der beiden unterschiedlichen Ziffern und damit auch bei der Identifizierung der Muster. So ist etwa ein aus roten Zweien gebildetes Dreieck in einem Feld aus blauen Fünfen leichter zu erkennen als das gleiche Zifferndreieck aus schwarzen Zweien in einem Feld ebenfalls schwarzer Fünfen. Allerdings sind die auf synästhetische Weise wahrgenommenen Farben weniger hilfreich bei der Erkennung eines Musters als echte Farben und nicht bei allen Synästhetikern ist der Effekt gleich stark ausgeprägt.

Im zweiten Teil der Studie untersuchten die Wissenschaftler die Reaktionen in den Gehirnen der Synästhetiker, während diese einzelne schwarze Zahlen und Buchstaben vor einem weißen Hintergrund betrachteten. Dafür setzten die Forscher die so genannte funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) ein. Diese Technik macht mithilfe elektromagnetischer Wellen Gehirnregionen mit höherem Blutfluss sichtbar. Dadurch lässt sich bestimmen, welche Bereiche besonders aktiv sind.